Zu seinem 70. Geburtstag wollte sich Hermann Schaiter (Foto Lukas Schnarf) einen Lebenstraum erfüllen: Südtirol von West nach Ost zu durchqueren, alles im Laufschritt. Die gesamte Strecke auf Radwegen, bergab und bergauf, Tag und Nacht und ohne Pause. Viele schüttelten den Kopf, rieten ihm ab, glaubten nicht an ein Gelingen. Hermann, der seit vielen Jahren zu den besten Masters-Langstrecklern der Welt zählt, ließ sich aber nicht beirren. Er trainierte lang und hart - und nun hat er sich seinen Traum erfüllt. |
Am Sonntag um 16:50 Uhr, nach einer fast 33-stündigen Strapaze, traf der Pusterer - begleitet von Dutzenden Laufsportkollegen - an der Grenze in Winnebach ein. Am Samstag um 8 Uhr hatte der 70-Jährige - der vor zehn Jahren auch Initiator von www.running.bz.it war - sein großes Abenteuer am Reschenpass begonnen. Auf ihn wartete eine 260 km lange Mammutstrecke, zunächst eher flach und bergab und auf der zweiten, schwierigeren Hälfte flach und häufig bergauf.
Schaiter begann seinen Rekordversuch in einem wahren Renntempo. Den ersten Marathon (42,2 km) von Reschen nach Laas absolvierte er in - für einen 70-Jährigen - fast unglaublichen 3:48 Stunden. Um 13:30 Uhr erreichte er Latsch, um 15 Uhr Naturns und um 16:30 Uhr Meran (in Algund erfolgte ein Schuhwechsel). Kurz nach 20 Uhr traf er in der Landeshauptstadt ein und hatte mit einer Zeit von 12 Stunden für die ersten 120 km zwei Stunden Vorsprung auf die Marschtabelle.
Im Eisacktal - inzwischen war es finster geworden - schaltete der Pusterer das Tempo etwas zurück. Um 21:45 Uhr erreichte man Blumau, um 23 Uhr die Kastelruther Haltestelle, um 0:30 Klausen. Zwei Stunden nach Mitternacht ging es durch Brixen und noch vor 4 Uhr bog man ins Pustertal ein. Hermann war immer in Begleitung seiner Lauffreunde. Nachts waren es nur einige wenige, im Laufe des Tages dann aber immer mehr und mehr.
Um 6:30 Uhr war Vintl erreicht. Auch eine geschlossene Schranke konnte die Gruppe nicht aufhalten. Um 8 Uhr passierten die Laufsportler St. Sigmund und um 9:30 Uhr war Bruneck in Sicht. Hier gab es ein Frühstück.
Um 10.40 Uhr lief die inzwischen auf 30 Personen angewachsene Truppe durch Unterwielenbach. "Das erinnert mich an Forrest Gump", meinte ein Zuschauer. Nach einer kleinen Krise lief es beim Stausee in Oberolang (12:15 Uhr) wieder besser. 90 Prozent der Strecke waren nun geschafft.
Bei Welsberg (13 Uhr) musste Schaiter eine Zeit lang gehen. "Aber im Kopf ist er immer noch stark, ständig zu Witzen aufgelegt", sagte ein Begleiter. Im Dorf legte er eine 15-minütige Pause ein, setzte sich ins Begleitauto und wechselte Hose und Leibchen. "Jetzt ist er wieder voll auf Zug", staunten gleich darauf seine Begleiter.
Um 14:10 näherte sich die immer besser gelaunte Truppe dem Ortseingang von Niederdorf, kurz vor 15 Uhr ging es durch Toblach. Inzwischen hatte es begonnen zu regnen, und auch der Wind blies in die falsche Richtung. Es war aber so gut wie geschafft.
Um 15 Uhr passierten die Laufsportler beim Bahnhof in Toblach den höchsten Punkt auf 1210 m ü.d.M. "Hier kommt Volksfeststimmung auf. Gänsehaut pur... ", kommentierte einer der begleitenden Läufer. Um halb vier ging es durch Innichen. "An der Grenze müssen wir den Hermann stoppen, denn er würde wohl weiter laufen", hieß es in der Gruppe.
Um 16:50 Uhr hatte es der Jubilar dann geschafft. Auch seine Frau und seine Tochter befanden sich unter den unzähligen Gratulanten, die dem Ultralangstreckler um den Hals fielen. "Hermanns Aktion hat alle Läufer, alle Vereine Südtirols vereint. Eine Wahnsinnsleistung. Einfach toll, das mitzuerleben", so eine Zuschauerin.